Kernkompetenzen professioneller Gesundheitsförderung

Verena Biehl , Eberhard Göpel

(letzte Aktualisierung am 04.07.2024)

Zitierhinweis: Biel, V. & Göpel, E. (2024). Kernkompetenzen professioneller Gesundheitsförderung. In: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) (Hrsg.). Leitbegriffe der Gesundheitsförderung und Prävention. Glossar zu Konzepten, Strategien und Methoden.

https://doi.org/10.17623/BZGA:Q4-i057-2.0

Zusammenfassung

Im Rahmen der Professionalisierung der Gesundheitsförderung zeigt sich zunehmend der Bedarf an spezifischen Kompetenzen für das professionelle Handeln in der Praxis. Dazu hat die International Union for Health Promotion and Education (IUHPE) im Auftrag der EU-Kommission ein Handbuch zu den Kernkompetenzen der professionellen Gesundheitsförderungspraxis (CompHP) veröffentlicht. Durch das weltweit zugängliche Akkreditierungsverfahren der IUHPE für den Erwerb und die Vermittlung professioneller Praxiskompetenzen existiert ein international konsentiertes Leitbild für die professionelle Qualifizierung von Spezialistinnen und Spezialisten der Gesundheitsförderung (Barry & BZgA 2014).

Schlagworte

Professionelles Handeln, Kernkompetenzen, Kompetenzorientierung, Kapazitätsentwicklung, Qualitätsentwicklung


Entwicklung des neuen beruflichen Handlungsfelds Gesundheitsförderung

Die Entwicklungen der Gesundheitsförderung seit der Ottawa-Charta 1986 (Gesundheitsförderung 2: Entwicklungen vor Ottawa; Gesundheitsförderung 3: Entwicklungen nach Ottawa) lassen sich in den verschiedenen Dokumentationen der Weltkonferenzen nachzeichnen. Der damals initiierte Paradigmenwandel der Public Health betonte die Relevanz eines sozialökologischen Gesundheitsverständnisses mit besonderem Fokus auf die Reduktion gesundheitlicher Ungleichheit (Gesundheitsförderung und soziale Benachteiligung/Gesundheitsförderung und gesundheitliche Chancengleichheit).

Zudem forderte die Zunahme an chronischen Krankheiten und psychosozialen Problemlagen neben der kurativen Ausrichtung des Gesundheitswesens ein Umdenken in Richtung Gesundheitsförderung, Prävention und Ressourcenorientierung (Salutogenese). Ebenso forderte der Paradigmenwandel den stärkeren Einbezug der Bevölkerung in die Lösung gesundheitlicher Herausforderungen ein. In einer Demokratie gilt die Selbstbestimmung der Bevölkerung als handlungsleitend und wurde so auch in der Ottawa-Charta benannt (Empowerment/Befähigung).

Die Befähigung der Menschen zu gesundheitsförderlichem Verhalten muss durch entsprechende Rahmenbedingungen geschaffen werden („Make the healthier choice, the easier choice“). Deshalb zählt der Einbezug der Bevölkerung bei der Gestaltung gesundheitsfördernder Lebenswelten als die Grundlage der Maßnahmenplanung, -umsetzung und -evaluation (Partizipation: Mitentscheidung der Bürgerinnen und Bürger). Trotz der bisherigen Errungenschaften in Public Health und Gesundheitsförderung gilt es auch heute noch, diese Forderungen des Paradigmenwandels umzusetzen, um Gesundheit nachhaltig zu ermöglichen. Hier eröffnet sich ein neues berufliches Handlungsfeld Gesundheitsförderung.

Entwicklung spezifischer Kompetenzen für Gesundheitsförderung

Um den Ansprüchen der Ottawa-Charta gerecht zu werden, wurden systemische Ansätze entwickelt, wie der Settingansatz/Lebensweltansatz und der Health in all Policies Ansatz (Gesundheit in allen Politikfeldern/Health in All Policies [HiAP]). Dabei gewinnt die intersektorale und transdisziplinäre Zusammenarbeit an Bedeutung. Wissen über Gesundheitsförderung fördert dabei die disziplin- und professionsübergreifende Verständigung und ermöglicht zugleich die Kooperation aller Beteiligter in der Umsetzung der systemischen Ansätze der Gesundheitsförderung („Mainstream health promotion“).

Neben der intersektoralen Zusammenarbeit bedingen die komplexen Handlungsansätze der Gesundheitsförderung auch ein spezifisch prozessuales und systemisches Handeln mit Einbezug grundlegender Werte und Methoden der Gesundheitsförderung („Specialist health promotion“). In diesem Zusammenhang entwickelten sich zunehmend spezifische professionelle Kompetenzen, die speziell dafür ausgelegt waren, die partizipativen und kooperativen Handlungsansätze zu initiieren, umzusetzen und zu evaluieren und damit auch zu fundieren.

Ein handlungsleitendes Modell für die Umsetzung gesundheitsfördernder Interventionen ist seither der Public Health Action Cycle (Public Health Action Cycle/Gesundheitspolitischer Aktionszyklus). Mit Verbreitung dieser neuen komplexen Perspektive auf soziale und gesundheitliche Entwicklungen wurden einzelne Aspekte der Gesundheitsförderung in das Verständnis von (medizinischen) Professionen aufgenommen. Dies führte zu einer oftmals reduzierten Umsetzung der Kernstrategien der Ottawa-Charta und behinderte ihre wirkungsvolle Ausarbeitung und Entwicklung.

Unter dem Settingansatz werden beispielsweise mehrheitlich noch verhaltensorientierte Maßnahmen innerhalb eines Settings umgesetzt („Gesundheitsförderung im Setting“), anstatt Veränderungen an den Settings als soziale Systeme mit einem systemischen Verständnis zwischen Verhaltensmaßnahmen und Strukturentwicklung anzustoßen („Gesundheitsförderndes Settings“; Dadaczynski, Baumgarten & Hartmann 2016; Thompson, Watson & Tilford 2018; Settingansatz/Lebensweltansatz).

Die Entwicklungen und Erfahrungen in der Praxis haben gezeigt, dass das professionelle Handeln in der Gesundheitsförderung spezifische Kompetenzen erfordert, um die Ziele der Ottawa-Charta zu verwirklichen (Biehl, Gerlinger & Wieber 2021; Karg, Blättner, Krüger & Micheew 2020; Quilling et al. 2021). In der internationalen Diskussion plädieren Van den Broucke (2021) und Davies (2013) für die neue Verbindung aus spezialisierten und generalisierten Qualifikationen für die Gesundheitsförderung („Specialist and mainstream“), um aktuelle und zukünftige Herausforderungen der Public Health transdisziplinär angemessen zu bearbeiten.

Berufsfeld Gesundheitsförderung

Im Sinne der Kapazitätsbildung spezialisierter Gesundheitsförderinnen und -förderer entwickelten sich zunehmend Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten (Aus- und Weiterbildung in Gesundheitsförderung und Prävention), internationale Fachkonferenzen, Fachjournals und Berufsverbände, welche die Identitätsbildung und Weiterentwicklung des Berufsfelds der Gesundheitsförderung voranbringen (Biehl, Wieber, Abegglen & Glässel 2021; Wahl & Plunger 2023). Im Zuge dieser Professionalisierung hat sich die internationale Community der Gesundheitsförderung bemüht, spezifische Kompetenzen zu definieren, die eine geeignete Grundlage für einen gemeinsamen Kompetenzstandard in der Praxis der Gesundheitsförderung bilden können (Battel-Kirk, Barry, Taub, A. & Lysoby 2009; Battel-Kirk & Barry 2019; Baumgarten, Blättner, Dadaczynski & Hartmann 2015). Im Zuge der Bologna-Reform im europäischen Bildungswesen konnten mehrjährige EU-finanzierte Projekte (z. B. EUMAHP 1998 bis 2004) umgesetzt werden, um einen europäischen Master in Gesundheitsförderung zu implementieren (Davies 2003; Hall 2014; König & Mittelmark 2008).

Die Entwicklungsarbeiten waren begleitet von der Frage nach einem gemeinsamen Standard für Kernkompetenzen in der Ausbildung der Gesundheitsförderung. Daraufhin initiierte die IUHPE zusammen mit der Society for Public Health Education (SOPHE) und dem U.S. Centers for Disease Control and Prevention ein weiteres EU-finanziertes Projekt zur Entwicklung eines Rahmenkonzepts zu Kernkompetenzen und eines Standards für die professionelle Praxis der Gesundheitsförderung (CompHP 2009 bis 2012; Allegrante, Barry, Auld & Lamarre 2012; Barry et al. 2009). Die Publikation des Handbuchs „The CompHP: Core Competencies Framework for Health Promotion” ist ein Meilenstein in der Professionalisierung der Gesundheitsförderung (Barry et al. 2012; Dempsey, Battel-Kirk, Barry & CompHP Project Partners 2011).

Als weitere Maßnahme zur Kapazitätsbildung der Gesundheitsförderung wurde das Rahmenkonzept als Akkreditierungstool weiterentwickelt, wobei sich Einzelpersonen sowie Kurse und Studiengänge über die Ausbildungsinstitutionen als qualifizierte "Health Promotion Practitioners" akkreditieren lassen können (Battel-Kirk et al. 2012, 2021).

Das CompHP-Rahmenkonzept für die Gesundheitsförderung

Im Handbuch des CompHP-Rahmenkonzepts werden zur Beschreibung der Kernkompetenzen und professionellen Standards zur Spezifizierung beruflicher Kompetenzen für die Gesundheitsförderung handlungsleitende Prinzipien für eine kompetente Gesundheitsförderungspraxis auf der Grundlage internationaler Erfahrungen erläutert. Die zentralen Inhalte des Handbuchs wurden von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) 2014 in einer deutschen Übersetzung zugänglich gemacht (Barry & BZgA 2014), um damit eine Diskussion zur Qualität der beruflichen Aus- und Weiterbildung für verschiedene Arbeitsfelder der praktischen Gesundheitsförderung anzuregen. Dabei sollte das von der IUHPE entwickelte berufliche Akkreditierungsverfahren auch in den deutschsprachigen Regionen Europas bekanntgemacht werden.

Zugrunde gelegt wird in dem Handbuch die folgende Definition von Kompetenzen: „Eine Kombination von grundlegendem Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Werten, die für die Gesundheitsförderungspraxis erforderlich sind. Kernkompetenzen sind definiert als minimales Set von Kompetenzen, die eine gemeinsame Grundlage für sämtliche Rollen in der Gesundheitsförderung bilden.“ (Barry & BZgA 2014, S. 13)

Die in dem Handbuch der IUHPE-Beschreibung von Kernkompetenzen professioneller Praxis der Gesundheitsförderung richtet sich primär an Fachleute, die mit der Umsetzung der Gesundheitsförderung betraut sind und über eine Aus- oder Weiterbildung in der Gesundheitsförderung verfügen (Aus- und Weiterbildung in Gesundheitsförderung und Prävention). Sie kann aber auch als Orientierung auch für die Aus- und Weiterbildung in einem verwandten Fachgebiet nützlich sein, deren Berufsrolle Gesundheitsförderung einschließt.

Für die Kernkompetenzen professioneller Praxis der Gesundheitsförderung werden in dem Handbuch insgesamt neun professionelle Standards aufgeführt (siehe weiter unten). Sie sollen „eine fachliche Spezifikation bzw. ein präzises Kriterium benennen, das zum konsistenten Gebrauch als Regel, Leitlinie oder Definition bestimmt ist.“ (Barry & BZgA 2014, S. 21). Allgemeinverständlich formuliert, werden fachliche Kriterien guter Praxis spezifiziert, die in unterschiedlichen Anwendungszusammenhängen, Settings und geografischen Regionen konsistent angewandt werden können und die für die Praxis erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Werte beschreiben.

Jeder Standard formuliert spezifische Kenntnisse, Kompetenzen und Leistungskriterien, die erforderlich sind, um Kompetenz auf dem jeweiligen Gebiet als Gesundheitsförderungs-Spezialistin oder Spezialist nachweisen zu können. Die Standards stützen sich auf eine multidisziplinäre Wissensgrundlage der Kernkonzepte, Theorien und der Forschung der Gesundheitsförderung sowie deren Anwendung in der Praxis. Hervorgehoben werden dabei:

  • Konzepte, Grundsätze und ethische Werte der Gesundheitsförderung, wie sie in der Ottawa-Charta zur Gesundheitsförderung und nachfolgenden Chartas international festgelegt wurden.
  • Konzepte gesundheitlicher Gleichheit, sozialer Gerechtigkeit und Gesundheit als Menschenrecht als Grundlage für die Gesundheitsförderung.
  • Determinanten der Gesundheit und ihre Bedeutung für die Gesundheitsförderung.
  • Einfluss sozialer und kultureller Vielfalt auf die Gesundheit und gesundheitliche Ungleichheiten sowie deren Implikationen für die Gesundheitsförderung.
  • Gesundheitsförderungsmodelle und -ansätze, die als Basis-Empowerment, Partizipation, Partnerschaftlichkeit und Gleichheit fördern.
  • Aktuelle Theorien und Evidenz als Grundlage für wirksame Führung, Advocacy und Partnerschaftsaufbau sowie deren Implikationen für Gesundheitsförderung.
  • Aktuelle Modelle und Ansätze eines wirksamen Projekt- und Programm-Managements (einschließlich Bedarfsanalyse, Planung, Umsetzung und Evaluation) und deren Anwendung in der Gesundheitsförderung.
  • Evidenzgrundlagen und Forschungsmethoden, einschließlich qualitativer und quantitativer Methoden, die erforderlich sind, um Gesundheitsförderung zu entwerfen und zu evaluieren.
  • Kommunikationsprozesse und aktuelle Informationstechnologien, die für eine wirksame Gesundheitsförderung benötigt werden.
  • Systeme, Policies und Gesetzgebung, welche die Gesundheit prägen und ihre Bedeutung für die Gesundheitsförderung verdeutlichen.

Im Folgenden ein exemplarischer Auszug aus dem CompHP-Rahmenkonzept für die Gesundheitsförderung zum Leitbild einer ethischen und professionellen Gesundheitsförderungspraxis (Barry & BZgA 2014, S. 23). Es handelt sich um die Beschreibung des professionsethischen Leitbildes einer Gesundheitsförderin bzw. eines Gesundheitsförderers aus dem Original der deutschen Übersetzung des CompHP.

Fachleute der Gesundheitsförderung handeln professionell und ethisch

Eine ethische Gesundheitsförderungspraxis basiert auf einer Verpflichtung zur Gesundheit als Menschenrecht, was für die menschliche Entwicklung zentral ist. Sie achtet die Rechte, Würde, Vertraulichkeit und den Wert von Individuen, Gruppen und Gemeinschaften, und sie respektiert die Vielfalt von Geschlecht, sexueller Ausrichtung, Alter, Religion, Behinderung und kultureller Überzeugungen. Eine ethische Gesundheitsförderungspraxis geht gesundheitliche Ungleichheiten und soziale Ungerechtigkeiten an und priorisiert den Bedarf jener, welche in Armut oder sozialer Randständigkeit leben. Sie wirkt auf die politischen, ökonomischen, sozialen, kulturellen, Umwelt-, Verhaltens- und biologischen Determinanten von Gesundheit und Wohlbefinden ein. Fachleute der Gesundheitsförderung stellen sicher, dass Gesundheitsförderungsaktionen nützlich sind und keinen Schaden verursachen und dass sie ehrlich sind bezüglich dessen, was Gesundheitsförderung ist, was sie bewirken oder nicht leisten kann. Fachleute der Gesundheitsförderung handeln in allen Gesundheitsförderungsbereichen professionell und ethisch durch die folgenden Haltungen:

Kenntnisse, Kompetenzen und Leistungskriterien

Fachleute erbringen durch Dokumentation oder Assessment während der Arbeit oder durch ihre dokumentierten Studienaktivitäten den Fähigkeitsnachweis, dass sie ethische Dilemmata und Themen erkennen und angehen. Sie haben

  • Kenntnis der Konzepte, Grundsätze und ethischen Werte der Gesundheitsförderung;
  • Kenntnis der Konzepte gesundheitlicher Gleichberechtigung, sozialer Gerechtigkeit und Gesundheit als Menschenrecht;
  • Kenntnis der aktuellen und anstehenden rechtlichen und ethischen Themen im eigenen Tätigkeitsbereich;
  • Fähigkeit, ethische Themen proaktiv und in angemessener Weise anzugehen (z. B. durch Anfechten der unethischen Praxis anderer).

Außerdem handeln sie so, dass sie

  • die geäußerten Ansichten und Vorlieben wahrnehmen und anerkennen,
  • die Fähigkeit anderer fördern, informierte Entscheidungen zu treffen,
  • die Gleichberechtigung und Vielfalt der Werte fördern,
  • Menschen als Individuen wertschätzen,
  • die Bedeutung der Vertraulichkeit anerkennen und
  • konsistent sind bezüglich Evidenz, Gesetzgebung, Strategien, Führungsgrundlagen und -systemen.

Und sie entwickeln und verbessern fortlaufend die eigene Praxis und jene der anderen durch

  • Reflexion des eigenen Verhaltens und der Praxis sowie Bestimmung, wo Verbesserungen nötig sind;
  • Erkennen des eigenen Weiterbildungsbedarfs und des Bedarfs anderer sowie Nutzen der Weiterbildungsmöglichkeiten;
  • Wahrnehmen unterschiedlicher Lernansätze und -vorlieben;
  • Evidenzen nutzen bei Verbesserungen im eigenen Tätigkeitsbereich sowie
  • objektive und konstruktive Beurteilung der Wirksamkeit des eigenen Tätigkeitsbereichs.)“
 

Neun CompHP-spezifische Standards

Für die folgenden neun CompHP-spezifischen Standards werden in dem Handbuch die Kernkompetenzen, erforderliche Grundkenntnisse und Fähigkeiten sowie Leistungskriterien für die Dokumentation und Bewertung zusammengestellt.

Standard 1: Veränderung ermöglichen: Individuen, Gruppen, Gemeinschaften und Organisationen zum Aufbau von Kompetenzen für die Gesundheitsförderung befähigen, um die Gesundheit zu verbessern und gesundheitliche Ungleichheiten zu vermindern.

Standard 2: Advocacy: Mit und für Individuen, Gemeinschaften und Organisationen für eine Verbesserung von Gesundheit und Wohlbefinden eintreten und Kompetenzen für die Gesundheitsförderung aufbauen.

Standard 3: Vermittlung durch Partnerschaft: Mit unterschiedlichen Disziplinen, Sektoren sowie Partnerinnen und Partner zusammenarbeiten, um die Wirksamkeit und Nachhaltigkeit der Gesundheitsförderung zu verbessern.

Standard 4: Kommunikation: Gesundheitsförderung effektiv kommunizieren, unter Nutzung angemessener Methoden und Technologien für verschiedene Zielgruppen.

Standard 5: Führung: Zur Entwicklung einer gemeinsamen Vision und Strategie für die Gesundheitsförderung in dem jeweiligen Handlungskontext beitragen.

Standard 6: Assessment: In Partnerschaft mit Stakeholdern Ressourcen- und Bedarfsanalysen durchführen, im Kontext von politischen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen, Umwelt-, Verhaltens- und biologischen Determinanten, welche die Gesundheit fördern oder schädigen.

Standard 7: Planung: Messbare Gesundheitsförderungsziele entwickeln aufgrund von Bedarfs- und Ressourcenanalysen in Partnerschaft mit Stakeholdern.

Standard 8: Umsetzung: Gesundheitsförderung effizient und effektiv, kulturell angepasst und ethisch in Partnerschaft mit Stakeholdern umsetzen.

Standard 9: Evaluation und Forschung: In Partnerschaft mit Stakeholdern angemessene Evaluations- und Forschungsmethoden anwenden, um die Reichweite, die Auswirkungen und Wirksamkeit von Gesundheitsförderungs-Interventionen zu erfassen.

In der folgenden Abbildung werden die CompHP-Kernkompetenzen dargestellt:

Aktuelle Entwicklungen des CompHP-Rahmenkonzepts für die Gesundheitsförderung

Bisher findet das CompHP-Rahmenkonzept vornehmlich Anklang in der Ausbildung der Gesundheitsförderung. Im deutschsprachigen Raum wird dies zunehmend als Grundlage für Curricula entsprechender Studiengänge diskutiert. In Deutschland selbst hat sich zunächst der Fachqualifikationsrahmen für gesundheitswissenschaftliche Ausbildungen auf Bachelorniveau durchgesetzt (Baumgarten, Blättner, Dadaczynski & Hartmann 2015; Aus- und Weiterbildung in Gesundheitsförderung und Prävention). Dies ist damit begründet, dass der Verständigungsprozess auf den gesundheitswissenschaftlichen Fachqualifikationsrahmen vor der deutschsprachigen Veröffentlichung des CompHP begonnen hat.

In Österreich ergab eine Erhebung zur Gesundheitsförderungsausbildung des Kompetenzzentrums „Zukunft Gesundheitsförderung“, dass mehrere Studiengänge mittlerweile auf dem CompHP aufbauen und das Rahmenkonzept als Diskussionsgrundlage dient für eine bessere nationale und internationale Zusammenarbeit im Bereich der Ausbildung in Gesundheitsförderung (Szabo, Gollner & Schnabel 2018; Plunger & Wahl, 2023; Wahl & Plunger 2023).

In der Schweiz wurde der erste Bachelorstudiengang in Gesundheitsförderung und Prävention an der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften auf dem CompHP 2016 eingeführt (Biehl, Meyer & Nordström 2022). Zudem fokussiert die Fachgruppe Gesundheitsförderung und Prävention vom Verband Public Health Schweiz ihre Arbeit auf Kapazitätsentwicklung für Gesundheitsförderung und betont dabei die Relevanz des CompHP Rahmenwerks (Biehl, Abegglen, Keller, Abderhalden, Casagrande & de Keyzer 2022).

In den letzten Jahren etablierte sich über das DACH-Netzwerk für Gesundheitsförderung eine Zusammenarbeit zum Thema Kapazitätsentwicklung der Gesundheitsförderung. Hierbei zeichnet sich immer wieder die Wichtigkeit eines gemeinsamen Verständnisses für das professionelle Handeln in der Gesundheitsförderung ab, wozu das CompHP eine zentrale Grundlage bildet (Biehl, Hartung, Nordström, Plunger, Rohrauer-Näf, Schäfer & Wahl 2024).

International setzt sich die IUHPE als strategisches Ziel, die weitere Verbreitung und Implementierung des CompHPs sowie des damit verbundenen Akkreditierungsverfahrens zu fördern (Battel-Kirk et al. 2021; Battel-Kirk & Barry 2020; IUHPE 2021). Im Zuge globaler und planetarer Entwicklungen und den damit sich verändernden Determinanten von Gesundheit (wie Klimawandel, Kriege, Epidemien) ändert sich auch der Bezugs- und Handlungsrahmen der Gesundheitsförderung. Deshalb veröffentlicht die IUHPE Ende 2024 eine überarbeitete Version des Rahmenwerks.

Insgesamt kann das CompHP als Grundlage dienen für die Entwicklung des professionellen Handelns in der Gesundheitsförderung sowie einer gemeinsamen professionellen Identität basierend auf geteilten ethischen Werten der Gesundheitsförderung. Demnach dient die weitere Verbreitung des CompHP über die IUHPE und nationalen Akteurinnen und Akteuren einer notwendigen Professionalisierung und damit der Qualitätsentwicklung des beruflichen Handlungsfelds Gesundheitsförderung.

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Internetadressen:

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International Union for Health Promotion and Education (ausführliche Information zur internationalen Entwicklung von professionellen Standards für die Gesundheitsförderung und zum CompHP-Akkreditierungsverfahren): www.iuhpe.org/index.php/en/links-and-resources

Verweise:

Aus- und Weiterbildung in Gesundheitsförderung und Prävention, Empowerment/Befähigung, Gesundheit in allen Politikfeldern / Health in All Policies (HiAP), Gesundheitsförderung 2: Entwicklung vor Ottawa 1986, Gesundheitsförderung 3: Entwicklung nach Ottawa, Gesundheitsförderung und soziale Benachteiligung / Gesundheitsförderung und gesundheitliche Chancengleichheit, Partizipation: Mitentscheidung der Bürgerinnen und Bürger, Public Health Action Cycle / Gesundheitspolitischer Aktionszyklus, Salutogenese, Settingansatz/Lebensweltansatz